Von Personaldienstleistern und Sklaventreibern im HR-Bereich
Vermutlich habe ich jetzt wegen des provokanten Titels zu diesem PreLean-QuerKommentar Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. War der Titel zu frech? Oder war auch etwas Wahrheit enthalten? Kennen Sie nicht die Situationen, bei welchen angestammte ("erfahrene") HR-Profis in Bezug auf Personaldienstleister gerne von "Sklaventreibern" reden? Und aus meiner persönlichen Erfahrung gab es auch viele rechtlich-organisatorische bzw. politische Probleme bei der Öffnung der Zeitarbeit für den gesamten Arbeitsmarkt in Deutschland in den 200X-er-Jahren.
Alleine die viel zu späte Einführung der Kurzarbeit für diesen Wirtschaftsbereich oder die lange Zeit vermissten, strengeren Regelungen auf Mindestlohn bzw. Equal Pay haben vieles zum Negativimage dieses Wirtschaftssektors beigetragen! Wohin die Höhe von Bruttogehältern oder Arbeitsvertragsregelungen führen, wenn man hier zu viel Freiheiten auf Seiten der Zeitarbeitgeber zulässt, kann ich ebenfalls aus der Praxis berichten. In aller Kürze: wohl kaum zu einem passenden Einkommen bei einfachen Tätigkeiten oder weniger prekären Arbeitsverhältnissen und damit einer enormen Unsicherheit von sehr vielen Arbeitnehmern - den externen wohlgemerkt, nicht den intern Angestellten in den Zeitarbeitsunternehmen!
Aufgrund eines Interviews vor einiger Zeit, wo es um das Thema Dienstleistungen im HR-Umfeld, speziell um das Thema Personalvermittlung ging, kam bereits während des Gesprächs eine interessante Diskussion in Gang, in wie weit man derzeit eigentlich die Services bei Personaldienstleistungen (PDL) noch auf die "klassischen" Bereiche wie Zeitarbeit, Personalvermittlung (PV) oder Recruiting Outplacement aufteilen muss? Oder verschwimmen nicht zunehmend die Grenzen der einzelnen Services zu einem Gesamtpaket?
Ja, es gibt durchaus spezialisierte Unternehmen, die sich mittlerweile entweder fachlich ausgerichtet haben (Headhunting, Zeitarbeit, Personalvermittlung, Freelancer-Contracting, etc.) oder sich auch an engere Qualifikationen der Leiharbeitenden ausrichten, wie z.B. Engineering, kaufmännisches Personal oder auch Kranken- oder Altenpflegefachkräfte.
Da ich selbst im Bereich Engineering als Senior Recruiter tätig gewesen bin, musste ich über die künstlich herbeigeführte Trennung zwischen Zeitarbeitsunternehmen und Personaldienstleister bzw. -beratungen im Interview ein wenig schmunzeln. Für mich existiert nämlich in der Regel keine Notwendigkeit bei der Auswahl eines Kooperationspartners zur Personalgewinnung einzelne Firmen auszugrenzen oder bewusst nur Spezialisten einzubeziehen. Also hier entweder nur auf Zeitarbeitsfirmen oder nur auf Personalvermittler oder nur auf Headhunter zu setzen.
Mein Fazit lautete daher, dass es darauf ankommt, ob für die externe Gewinnung bzw. Stellenbesetzung weiterer Talente (im Sinne des AGG verwende ich dies synonym anstelle des Bewerbers oder der Bewerberin) die richtigen Fragen gestellt werden. Dies gilt sowohl in Richtung Auftraggeber als auch in Richtung der Talente. Daran kann man dann auch gut erkennen, ob der Dienstleister sich für eine passgenaue Besetzung interessiert oder eben doch in die Kategorie "Sklaventreiber" oder "CV-Schubser" fällt. Wobei diese Begriffe aus den dunklen Zeiten der gewerblich-technischen Zeitarbeit stammen und immer gerne dann benutzt werden, wenn auf die PDLs geschimpft werden soll. Natürlich gilt dies auch andersherum, wenn sich die PDLs über die Auftraggeber oder deren fachlich oder kapazitiven "unmöglichen" Anforderungen aufregen. ;-)
Letztlich verfügen die meisten Personaldienstleister über oft gute bis sehr gute Kandidatennetzwerke und viele erfahrene HR-Recruiter, die alle Spielarten bedienen können - von der Zeitarbeit bis hin zu anspruchvollen Personalsuchen zur Vermittlung. Lassen Sie sich also nicht nur auf Spezialisten ein, sondern fragen Sie bei Talentsuchen auch einfach mal beim Zeitarbeitsunternehmen Ihrer Wahl nach.
Der Rest ist in der Regel eine Frage der HR-Experten in diesen Unternehmen, der Vertragsverhandlung und derer individuellen Ausgestaltung für eine langfristige, zielgerichtete Kooperation. Zum Beispiel wird oftmals vergessen, dass auch die externen Mitarbeiter der Personaldienstleister in Fortbildungsmaßnahmen oder Weiterqualifizierungen eingebunden werden können. Damit kann man anfangs die Unsicherheit eines neuen Mitarbeiters auf beiden Seiten durch eine zeitlich begrenzte Form der Arbeitnehmerüberlassung (sog. temp-to-perm) überbrücken und für die Zukunft oder fachlicher Notwendigkeit die passende Personalentwicklung anstossen. Mir sind hier einige sehr positive Beispiele bekannt, bei denen alle Seiten - vom Auftraggeber über den Auftragnehmer bis hin zum externen Leihmitarbeiter - davon profitieren konnten.